Der Anflug - Fly with broken Wings ...
Nach einer perfekten 6,5-Stunden Rückreise aus dem Paradies haben wir eben schnell das Auto ausgeräumt, als ich mir bei einer ersten Heimkehrer-Halbe einen Blick ins Forum gönnte.
Als Erstes hatte ich das Gefühl in den vergangenen 12 Tagen nicht wirklich etwas verpasst zu haben, bis meinen Urlaubsgefühlen durch die Neuigkeiten von Schranzers Schicksal ein äußerst herber Dämpfer verpasst wurde!
Da fängt man dann doch das Grübeln an, wenn man kurz vor dem Start in ein nicht ganz alltägliches und "regelkonformes" Moped-Abenteuer steht. Krümels situationsbedingte Blicke, als ich später nochmal den Inhalt meiner bereits vor 2 Wochen gepackten Motorrad-Taschen auf Vollständigkeit überprüfte, jagten mir Gänsehaut über den Rücken. Sicher, man hat selbst den größten Einfluß auf die Höhe des Risikos, daß man bereit ist für seinen Fahrspaß in Kauf zu nehmen. Und - sind wir mal alle ehrlich zu uns selbst - wenn das Gehirn vor lauter Schräglage und Kurvenspeed in Adrenalin schwimmt wie Omas Rum-Früchte, bewegt man (bzw. ich) sich in Fahrzuständen, die mit den alltäglichen Ausflugsfahrten nichts mehr zu tun haben - allen guten Vorsätzen zum Trotz!
Aber jetzt konnte und wollte ich auch nicht mehr raus!
Dennoch - in meinem Packtaschen ist Platz für nen 2-Wochen-Trip - also packte ich doch noch meine schwere Leder-Kombi-Jacke in die Packrolle, auf die ich zu Gunsten meiner bequemeren und vollausgestatteten neuen grün-schwarzen Textil-Jacke verzichten wollte, obwohl ich mir diesen Platz für einen ausgiebigen Wurst- und Käse-Einkauf im Millenium-Center aufheben wollte (dazu später mehr) und checkte darüber hinaus alle in meiner Moped-Kleidung vorhandene Protektoren auf Anwesenheit, Zustand und korrekten Sitz.
Als ich dann noch spät Abends alles an meine startklare und ebenfalls durchgecheckte Lady montierte, überwog dann schließlich doch das Reisefieber! Morgen um 8:00 gehts los und das Feuer in mir wurde langsam entzündet!
Gegen 1:00 fiel ich ins Bett und war in Gedanken bereits am Garda- und Idro-See, dem Monte Bondone, dem Molveno-See und auf dem Race-Track von Rovereto nach Foxi.
Nach einer viel zu kurzen Nacht brachte mich der Wecker zu Bewußtsein. Ich wollte Krümel schlafen lassen. Also zog ich mir im Wohnzimmer meine Multi-Funktions-Wäsche und meine Kombi-Hose an, setzte einen konzentrierten Pott Hallo-Wach-Kaffee auf und ging nochmal intensiv in mich, daß in den kommenden 4 Tage auch nix Unerwartetes passieren wird - ein vollkommen sinnloser Zeitvertreib, den ich mir zukünftig sparen werde! Eine Kawa - egal welche - sorgt immer für Überraschungen!
Mit leichter Verspätung kam Bernd gegen 8:15 bei mir an - ein Grinsen im Gesicht, das ein Foto wert gewesen wäre!
Krümel war inzwischen doch aus den Federn gekrochen und setzte sich zu uns an den Tisch und genoss mit uns eine Tasse tiefschwarzes Koffeinkonzentrat!
Gegen 8:45 wurde ich ungeduldig! Los jetzt!
Also runter in die Garage, Schlüssel rein - IGNITION!!!
Anfänglich lief alles nach Plan!
Ich wollte erstmal etwas Druck machen und ein paar km loswerden, die zwischen uns und dem Staller-Sattel liegen - für mich das "Tor in den Süden", wenn ich mit dem Moped reise.
Zügig fuhren wir über Bayrischzell, Thiersee und Landl nach Kufstein, um günstigen Ösi-Sprit zu bunkern, dann wollte ich die zweite Stufe zünden. Schließlich haben wir Donnerstagmorgen, die Rentner und Wanderer sollten noch beim Frühstück sitzen und die Strecken frei sein - WELCH EIN TRUGSCHLUSS!!!
Bereits kurz hinter Kufstein begann sich so ganz langsam das Bedürfnis durchzusetzen den dritten Gang benutzen zu wollen!
LKWs, Wohnmobile, Blümchenpflücker und die typische österreichische Verkehrsplanung grundsätzlich dort Überholverbote einzurichten, wo man problemlos überholen könnte und es dort zu erlauben, wo man keine 100m Strecke erfassen kann, zerrten irgendwann an meinen Nerven!
Ab St. Johann erwartete ich Besserung. Doch es wurde nur schlimmer!
Auf dem Weg zum Pass Thurn hing ich hinter Zement-Lastern fest und als ich diese endlich überwunden hatte, hatte ich einen äußerst penetrant spurdominanten Zwickauer Rentner-Seat vor mir, der scheinbar unbändigen Spaß dabei empfand, sich mit seinen maximal 60 km/h in meine Sicht- bzw. Start-Linie zu schieben, wenn der Gegenverkehr die Möglichkeit geboten hätte mal eben Durchzuladen und Aufzureißen!
Mir blieb Dank des unerwartet regen Verkehrs über Kilometer nichts anderes übrig, als auf meinem auf dem Drehzahlmesser angesaugten Navi wertvolle Zeit sinnlos verstreichen zu sehen.
Dann ENDLICH ein Lücke!!! Runter in den zweiten Gang - FEUER FREI!!!
Bernd berichtete mir später, daß er hinter mir hin- und hergerissen zwischen lautem Lachen und lautem Fluchen war! Denn die Zwickauer Mumie wurde von der Geräuschentwicklung meines langsam wütenden Leo-Vinces etwas überrumpelt und verriß nicht nur das Lenkrad sondern trat auch noch zu dem stumpf in die Bremse.
Ich hatte inzwischen andere Sorgen! Die erste Bodenwelle vor der Trantüte, die ich erwischte, riß mir den Navi-Saugnapf vom DZM, so daß das Ding auf einmal auf dem Lenkkopf lag und nur vom Netzkabel gehindert wurde sich irgendwo darunter zu verteilen.
Die Freude, diesen Penner endlich regelkonform losgeworden zu sein, hielt also nur geschätzte 50 m!

Dann fuhr ich ca. 2 km später brav die nächste Bushaltestelle an, lutschte den Saugnapf feucht, pappte den Spaßverderber wieder an seinen Platz und reihte mich exakt hinter einem Zwickauer Kennzeichen wieder ein!
Etwa 5 km später bekam ich wieder die Chance diesen (sorry!) Ossi-Penner loszuwerden! Durchladen, Hahn auf, Leo brüllt, Schub, Ossi weg - GUT! PLOPP!!!

Ich fasse es nicht! Same Procedure again!
Also, wieder die nächste Niesche im Teer gesucht und diesmal kam das Teufelsding dahin, wo es hingehörte - in den Rucksack!!!
ZI-XX YYY die Dritte, aber diesmal mit Ruhe Garantie!
Kontinuierlich wurde der Verkehr mit jedem km Richtung Süden weniger. Die letzten 25 km vor dem Felberntauern waren eine Wohltat!
Mit dem Auftrieb der Freiheit unter den Armen flogen wir im Formationsflug gnadenlos dem Süden entgegen, durch Tunnel, Arkaden und langgezogene, 2-spurige, frisch geteerte Kurven!
Ein Genuß auch für die Ohren! Bernd hab ich ja für seine Mühen mit meiner 7-er auch den gleichen Leo wie meinen verpasst und unsere beiden 750-er lieferten an jeder Felswand und in jedem Tunnel ein satanisches Duett, daß uns beiden ein breites Grinsen in den Helm zauberte und alle Spaßbremsen vergessen machte.
Das erste Tages-Highlight war aus genau diesem Grunde der Felberntauerntunnel!
An dessen Ende kam die Mautstation, an der wir nach halbstündigem Freiflug eine Zwangspause einlegen und einen Obulus von 8 €uronen abdrücken mussten. Diese waren jedoch nicht der Grund, weshalb für mich diese Röhre in Zukunft einen faden Beigeschmack haben wird!
Ich hatte gerade wieder meinen Geldbeutel in meine Innentasche gestopft und war von dem Wartestreifen angefahren - Bernd war ja hinter mir und mußte ebenfalls noch blechen - als mich ein lauter Schlag aus meinen Kurventräumen riß, gefolgt von einem aus der rechten Verkleidung geschleudertem Irgendwas und einem Beben, das meine 7-er erfasste, begleitet von einem einem Geräusch, daß mich an das Gefühl erinnerte, mit einem stumpfen Gewindeschneider eine Plombe aus meinem Backenzahn zu entfernen!
Alle Vorfreude auf den bevorstehenden Urlaub versiegten in dem Moment wie ein Eimer Wasser in einem Gulli!
Bei der nächsten Möglichkeit rechts ranzufahren zog ich raus und zu meinem Entsetzen dauerte das Geräusch weiter an, auch als ich stand!
In Panik drehte ich den Zündschlüssel um und das Geräusch war noch immer da! What the Fuck.... RUHE!
Bitte was?
Ok, bleib ruhig, denk nach Mac Fly, denk nach!
Seitenständer raus, Visier hoch und mal schauen.
Die Verkleidung und das Schutzblech waren ganz. Es klemmte auch nichts im Vorderrad oder unter bzw. im Schutzblech. Keine Betriebsflüssigkeiten sind ausgetreten und auch der Motor klang nach einem Startversuch so fröhlich, wie eh und jeh!
BIS DANN NACH 20 SEKUNDEN DER KÜHLLÜFTER EINSCHALTETE!
Da war es wieder das Beben, daß den ganzen Bock erschütterte und durchschüttelte, daß man Angst haben mußte die Kiste fiele jeden Moment auseinander!
Motor aus, Warten, Schauen!
Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich das, was ich dann als Ursache erkannte, für möglich gehalten oder habe auch jemals davon gehört: Mir war ein Flügel meines Kühlerlüfters an- und ein weiterer ABGESCHMOLZEN!
Das war also das aus der Verkleidung fliegende Trümmerstück, das sich Gott sei Dank nicht im Kühler selbst verkeilt hatte oder mir den selben hätte zerraspeln können!
Auch Bernd mußte sich ein überraschtes Lächeln verkneifen!
Der scharfe Ritt über den Pass Thurn und den Felberntauern haben mir den Lüfter gekillt!
Scheinbar hat die Krümmerabwärme gereicht, mir den Kunststoff zweier Flügel des Ventilators so aufzuheitzen, daß sich dieser erweichte und mir einer beim Einschalten des Gebläses, unmittelbar nach der Kassenzwangspause fädenziehend schlicht und einfach abriß!
Natürlich betraf dies 2 benachbarte der insgesamt 4 Blätter, so daß ein Ausbrechen eines gegenüberliegenden Flügels, für einen ruhigeren Rundlauf bei verminderter aber immerhin vorhandener Belüftung, nicht mehr möglich war!
Na ganz toll und jetzt??? Ohne Lüftung über Pässe und durch die PKW-verseuchten Täler rund um den Garda-See??? Hervorragende Aussichten für die nächsten Tage!
Stillstand? Umkehr?
Ganz sicher nicht!
Die nächsten Tage werde ich wohl einfach darauf achten müssen, mich schnell genug zu bewegen, daß der Fahrtwind für die nötige Kühlung sorgt.
Während der bisherigen Fahrt kam bis jetzt die Temperatur nicht mal an den ersten Strich meiner Temparatur-Anzeige. Allerdings hatte ich auch noch nie Grund darauf zu achten - ab jetzt schon!
Uns wird schon was einfallen, aber jetzt erstmal weiter!
Und wieder reihte ich mich brav hinter einem Zwickauer Kennzeichen ein ...
Morgen gehts weiter ...